Meist denken wir beim Räuchern an den angenehmen Duft, den er verbreitet. Wir denken an Räucherstäbchen oder den weihnachtlichen Räuchermann. Viele verwenden für gute Düfte heute einfach ätherische Öle. Wir genießen es, wenn ein Raum frisch riecht, nach Orangen oder Zitrone oder nach Sandelholz.

Warum räuchern wir während der Rauhnächte eigentlich?

Doch hinter dem Räuchern, das in allen Kulturen seit Jahrtausenden praktiziert wird, steht weitaus mehr als nur der Wunsch danach, uns auf das Riechen zurückzubesinnen. Was ist es eigentlich, das das Räuchern ausmacht? Anders gefragt – was ist eigentlich die rituelle und magische Macht, die Menschen zu allen Zeiten im Räuchern gefunden und beschworen haben? Was genau geschieht, wenn wir räuchern? Und welche Methoden des Räucherns gibt es, auf die wir zugreifen können? Welche Trägersubstanzen verwenden wir?

Die reinigende Kraft des Feuers

Während der Rauhnächte, der Zeit „zwischen den Jahren“, von denen man sagt, dass der Schleier zwischen der diesseitigen und der jenseitigen Welt dünner ist als sonst, haben die Menschen traditionell ihre Wäsche nicht rausgehängt, damit sich keine bösen Mächte darin verfangen.

Aus demselben Grund räuchern wir auch heute während dieser Zeit. Das Alte, das Anhaftende, soll gehen. Gleichzeitig wollen wir die Luft, den Äther klären, damit etwas Neues frisch und unbeeinflusst von den Geistern, Gedanken, Emotionen des alten Jahres geschöpft werden kann. Es ist eine Zeit des Abschließens, des Gehenlassens, des Aufräumens und auch der Rückbesinnung. Denn um etwas gehen lassen zu können, müssen wir es oftmals ein letztes Mal in seiner Ganzheit betrachten.

Wenn wir räuchern klären wir über den Äther sowohl uns wie auch die Energien, die wir tragen. Der Rauch entsteht aus dem Feuer selbst – ist also vom Licht gereinigt, verbrannt oder geklärt.

Das Licht aber steht für alles Göttliche, für alles, was aufstrebend ist. Für alles, was den Gesetzen der Schwerkraft nicht unterliegt. Das Feuer entbindet sich der Schwere der materiellen Welt und fackelt oder fließt nach oben – und mit ihm der Rauch.

Deshalb gilt in vielen Kulturen der Rauch oder die Rauchsäule als Bote zwischen der irdischen und der göttlichen Welt. Gleichzeitig steht das Feuer für die menschliche Seele, die als göttlicher Funke in uns lebt. Es steht für unser Prana, unsere Lebensenergie, und für unser Streben danach, uns mit allem Höheren zu verbinden. Uns zu entbinden von der Schwerkraft des Dunklen, des Alten und Niederen.

Was geschieht, wenn wir räuchern?

Wenn wir den richtigen Anlass, die richtige Zeit wählen und uns sehr bewusst halten, können wir unsere Lebensenergie richtig ausrichten und neu beleben. Wir können nicht nur falsche, schlechte und fremde Energien klären, sondern auch Neues feiern und halten.

Richtige Zeiten für Räucherrituale

In manchen alten Kulturen und Sprachen gibt es Wörter für die „richtige Zeit“. Zum Beispiel gibt es in der alten und heiligen indischen Sprache Sanskrit das Wort „Kala“. Kala ist die richtige Zeit für ein Ritual, für ein Geschehen, das mit dem Ganzen und seinem Lauf verbunden ist.

Räucherrituale können wir immer dann durchführen, wenn wir uns von etwas lösen wollen. Beim Räuchern können wir einen Raum klären, in dem vorher viele Menschen waren. Wir klären ihn vom Einfluss der vielen fremden Gedanken und Empfindungen, die nicht unsere sind. Viele, die an Wesen aus der astralen Welt glauben oder sie sogar spüren oder sehen, nutzen das Räuchern auch, um sie zu vertreiben oder ihnen das Gehen zu erlauben.

Gleichzeitig können wir mit dem Räuchern eine Intention setzen, neu zu beginnen – zum Beispiel, um eine neue Lebensphase einzuleiten. Oder wir tragen mit dem Räuchern eine schon begonnene Schöpfung: das kann eine neue Aufgabe sein, ein schönes Projekt im Haus oder bei der Arbeit. Es kann auch der gute Wunsch für einen Menschen sein, mit dem wir uns auf diese Weise verbinden. Die Beobachtung von astrologischen Vorgängen kann beim Finden des richtigen Zeitpunkts für größere Schöpfungen sehr helfen. Aber oft findet sich die richtige Zeit auch einfach durch unsere eigenen Prozesse, denn astrologisch betrachtet befinden wir uns immer in einem kosmischen Tanz mit den Sternen.

Auch beim Heilen spielt das Räuchern eine große Rolle. In der Energieheilung kann das Räuchern helfen, blockierte Chakren zu öffnen, das Unaufgelöste zu befreien. Hier können wir Räuchersubstanzen verwenden, die eine reinigende und heilende Kraft haben. Denn beim Räuchern lassen wir zwar alles nach oben streben, nach unten aber verbinden wir uns immer mit der heilenden und heiligen Wirkung der Natur und ihrer Kräuter und Kräfte.

Womit wir räuchern

Salbei — das Smudging

Und damit sind wir bei den Trägersubstanzen. Zum Räuchern können wir viele Träger verwenden, die wir oftmals mit ganz bestimmten Ritualen verbinden. Wir können uns aber auch etwas von den Traditionen befreien und unsere ganz eigene Art finden zu räuchern – je nachdem, was für uns passt und womit wir uns gut fühlen. Hier seien nur einige vorgestellt.

In den ursprünglichen nordamerikanischen Traditionen spricht man vom „Smudging“. Bekannt ist aus diesen Traditionen vor allem der weiße Salbei, der als Räucherbündel oder „Sage Stick“ im Handel erhältlich ist. Man kann diesen Salbei aber auch selbst im Garten anbauen, trocknen und bündeln – oder ihn einfach in einem geeigneten Gefäß anzünden und so auspusten, dass er leicht kokelt und seinen typischen Geruch ausströmt. Das Gefäß hierfür muss möglichst wenig Hitze leiten. Eine große Muschel zum Beispiel ist hierfür gut geeignet oder ein Lehmgefäß mit Griff.

Traditionell wird beim Smudging eine große Feder verwendet. Wer sie findet, findet damit auch seinen Seelenvogel. Aber jede ausreichend große Feder erlaubt es uns, den Rauch beim Smudging sachte im Raum zu verteilen. Am besten ist es, wenn wir uns dabei intuitiv leiten lassen. Alle Ecken, Türpfosten, alle sonst „unbeachteten“ und dunklen Stellen etwa unterhalb von Tischen oder Schränken sollten beim Smudging möglichst nicht ausgelassen werden.

Wichtig ist hierbei wie auch beim Räuchern generell, eine möglichst tiefe Verbindung mit sich selbst herzustellen: die Atmung bewusst zu leiten, die eigenen Lebensenergien mit dem Rauch fließen zu lassen. So kann man auch den eigenen energetischen Körper oder seine Aura mit der Feder „reinigen“: von der Krone am obersten Punkt des Kopfes gleitet dann die Feder über den Körper nach unten und klärt die emotionalen und astralen Energien. Ein Mantra zu singen oder zu hören stärkt dabei die Ausrichtung der Energien und die richtige Intention.

Neben dem Salbei in Form von ätherischem Öl gibt es für Krankenzimmer mittlerweile auch Salbeisprays. Auch medizinisch betrachtet hat der Salbei einen reinigenden Einfluss – er wirkt gegen Bakterien, Viren und Pilzsporen im Raum.

Der Weihrauch – das heilige Harz

Ähnlich ist es beim Weihrauch, der unserer Kultur über den Kirchenweihrauch vertrauter ist. Nicht ohne Grund war Weihrauch zu alten Zeiten äußerst geschätzt, ein Königsgeschenk wie wir aus der biblischen Erzählung wissen.

Weihrauch reinigt nicht nur die Luft medizinisch: Manche Weihrauchharze wirken auch bei Verzehr – als Kauweihrauch – gegen bestimmte Krebsarten oder Entzündungsverläufe im Körper. Weihrauchtabletten oder -kapseln werden meist unter der Bezeichnung Boswellia serrata verkauft.

Weihrauch ist in ganz verschiedenen Qualitäten und Färbungen von trübe weiß bis golden oder braun erhältlich. Für das Räuchern findet man im Handel Weihrauchschwenker oder Gefäße aus dem Mittleren Osten oder Nordafrika, wo er zumeist über Kohletabletten erhitzt und so geschmolzen wird, dass er seinen typischen Rauch verströmt. Auch Weihrauch gibt es als ätherisches Öl und viele Apotheken bieten es günstig und in hochwertiger Reinform an.

Der Kampfer – Duft der Reinheit

Mehr als jede andere Räuchersubstanz wird in Indien heute noch Kampfer oder Campher verwendet. Unser Begriff stammt vom spätantiken „Kaphurá“ ab. Wie beim Weihrauch handelt es sich um ein Harz, dem des Kampferbaumes. Anders als Weihrauch jedoch, der bei Hitze langsam schmilzt, brennt Kampfer lichterloh, wenn man ihn anzündet. Also Vorsicht bei seiner Verwendung! Im Handel sind rauchfreie Kampferkristalle oder -tabletten erhältlich. Wer rauchenden Kampfer benutzt und ihn häufiger anwendet, sollte wissen, dass er nicht unerheblich rußt und im Raum auf Dauer seine Spuren hinterlässt.

Doch das Kristall gilt als außerordentlich reinigend und hat eine starke medizinische wie auch rituelle Wirkung. Es heißt, dass Kampfer eine besonders tiefe Verbindung mit dem Göttlichen herstellt. Die mentholartigen Düfte halten die kristalline Form der Trägersubstanz in sich – und gelten als so rein wie ein durch göttliche Energien gereinigter Körper. So sagt man, dass Kampfer unsere Umwelt so vollständig klären kann, dass Negatives niemals bleiben und Positives potenziert wird. Reinigung durch Kampfer zieht Reichtum und Wohlergehen an.

Zur Klärung der Aura kann man ein Stück Kampfer von der Krone des Kopfes nach unten führen und dieses dann im Feuer verbrennen. So schützt man sich vor äußeren negativen Einflüssen oder auch dem „bösen Auge“ – also vor jedem Schaden an der Aura, der durch bewusste oder unbewusste schlechte Wünsche entsteht und so Krankheiten auslösen kann.

Wie auch schon beim Salbei oder Weihrauch gibt es Kampfer auch als ätherisches Öl. Wenn man etwas Kampferöl mit dem Ringfinger auf das dritte Auge – dem Sitz der Zirbeldrüse zwischen den Augenbrauen – aufträgt, sollen Bewusstheit und Klarheit gesteigert werden.

Die Räucherstäbchen & -kegel

Natürlich gibt es zum Räuchern auch einfachere Alternativen – wie die in vielen Geruchsnoten erhältlichen Räucherstäbchen, die für ein kleines tägliches Ritual völlig ausreichend sind. Wir können einen Räucherstäbchenhalter auf unserem Altar aufstellen oder dort, wo wir ein Gedenken halten wollen. Dort, wo wir etwas ehren wollen. Auch der Räuchermann zu Weihnachten erinnert uns daran, etwas zu ehren und die folgenden Tage der Rauhnächte zu feiern in der Bewusstheit, dass es sich persönlich aber auch kosmisch um eine besondere Zeit handelt.

Heilige Zeiten und Orte

Alle oben genannten Räuchermethoden gelten für jeden heiligen Ort, den wir errichten und für jede heilige oder geheiligte Zeit, die wir besonders bewusst leben wollen.

Heilig ist einfach alles, was wir hochhalten, was wir nicht beschweren oder beschmutzen wollen. Das kann die Erinnerung an einen Menschen sein oder eine Gottheit, an der wir uns orientieren, um Stärke zu empfangen und auf Schönheit zu blicken. Wir können auch uns selbst zu diesem „heiligen Ort“ machen, unsere Aura reinigen, nach Klarheit streben und etwas Schönes kreieren. Wie auch immer wir das Räuchern verwenden: wir können es in tiefer Beziehung zu uns selbst, zu unserer Umgebung, den Menschen, die wir lieben und achten und zu allem Höheren, nach dem wir streben. Räuchern ist richtig betrachtet eine Segnung. Auch wenn wir den Begriff und seinen Inhalt vielleicht vergessen haben, können wir ihn wieder entdecken und (be)leben.

Die Rauhnächte sind eine wunderbare Zeit dafür, zu segnen – mit dem Räuchern zu beginnen und für das kommende Jahr alles Schöne einzuladen, was wir uns und anderen von Herzen wünschen. Astrologisch gesehen sind wir zwischen dem Mondjahr und dem Sonnenjahr. Da der Schleier zwischen den Welten dünn ist, können wir unsere Wünsche mit dem Rauch als Boten ungehindert in das Universum schicken – und alles gehen lassen, was uns behindert in der Erfüllung unserer neuen Jahresreise.